20. November 2025
Mehr als 50 Expertinnen und Experten haben mehr als ein Jahr lang das Gesundheitswesen in Niederösterreich neu gedacht. Dabei wurden erstmals das Rettungswesen, alle medizinischen Bereiche und das Pflegewesen gesamtheitlich betrachtet. Besonders im Fokus stand dabei, das Gesundheitswesen fit für bevorstehende Pensionierungswellen und veränderte Krankheitsbilder zu machen. Das Landesklinikum Mistelbach-Gänserndorf nimmt dabei als regionales Schwerpunktkrankenhaus auch in den nächsten Jahrzehnten eine wesentliche Rolle in der Gesundheitsversorgung des Weinviertels ein. Der Plan der Fachleute genießt breiten politischen Rückhalt: Der Beschluss zum Gesundheitsplan in der NÖ Landesregierung erfolgte einstimmig durch Vertreterinnen und Vertreter von VPNÖ, FPÖ und SPÖ, jener im NÖ Landtag mit den Stimmen von VPNÖ, FPÖ, SPÖ, NEOS und zum Teil auch der Grünen.
Warum ist der Gesundheitsplan notwendig?
Wir stehen vor einem enormen demographischen Wandel, die niederösterreichische Bevölkerung entwickelt sich unterschiedlich: Während einige Regionen wachsen, schrumpfen andere. In allen Regionen hingegen werden wir mit einer alternden Bevölkerung und einer Pensionierungswelle der Babyboomer-Generation konfrontiert sein, gleichzeitig sinken die Geburtenzahlen. Bis 2040 werden in Niederösterreich mehr als eine halbe Million Einwohnerinnen und Einwohner über 65 Jahre sein, das sind um 150.000 Personen mehr als bisher. Im Bezirk Mistelbach wird 2050 ein Drittel der Bevölkerung über 65 Jahre sein. Damit alle Menschen auch in Zukunft optimal versorgt werden, müssen medizinische und pflegerische Strukturen an den gesellschaftlichen Wandel unserer Zeit angepasst werden. Damit einher geht, dass wir unser Versorgungsangebot im Bereich der Altersmedizin ausbauen und die Strukturen der Geburtshilfe bündeln müssen. Durch die Alterung der Gesellschaft werden sich auch die Krankheitsbilder drastisch ändern und damit eine zusätzliche Verschiebung des Angebots erfordern, denn chronische Erkrankungen wie beispielsweise die Behandlungen von Krebs, Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen werden weiter steigen.
Und: Die Pensionierungswelle macht auch vor dem Gesundheitspersonal nicht halt. Vor dem Hinblick begrenzter Ressourcen im Personalbereich ist es unser erklärtes Ziel die Behandlungsqualität für die Zukunft abzusichern und weiterhin die bestmögliche medizinische und pflegerische Versorgung zu garantieren. Um das zu schaffen, müssen wir einerseits eine effiziente Leistungsbündelung gewährleisten und andererseits Maßnahmen in der Vorsorge setzen, um unser Gesundheitssystem nachhaltig in hoher Qualität abzusichern. Durch die Bündelung von Leistungen steigt der Behandlungserfolg.
Entscheidend für die bestmögliche Versorgung des Patienten ist die schnellstmögliche Behandlung in der dafür geeigneten Einrichtung. Auch schon heute ist nicht unbedingt das nächstgelegene Klinikum die richtige Anlaufstelle – denn die immer weiter fortschreitende Spezialisierung der Medizin trägt dazu bei, dass nicht alle Leistungen an allen Standorten angeboten werden können. Durch die Bündelung von Leistungen garantieren wir unseren Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegekräften routinierte Sicherheit in ihrem täglichen Tun und eine verbesserte Ausbildung. Denn: Was man oft macht, macht man gut. Die Spezialisierung in der modernen Medizin bietet also große Chancen, die Behandlungsqualität für die Patientinnen und Patienten weiter zu steigern.
Was bedeutet das für den Klinikstandort Mistelbach?
Der Gesundheitsplan 2040+ gibt dem Landesklinikum Mistelbach-Gänserndorf eine Standortgarantie für die Zukunft. Gemeinsam mit dem neuen Klinikum Weinviertel Süd-West, das ebenfalls über eine regionale Schwerpunktfunktion verfügen wird, bilden sie das Rückgrat der Gesundheitsversorgung im Weinviertel. Mit der Inbetriebnahme eines Operationsroboters werden die operativen Fächer der Allgemeinchirurgie, der Urologie und Gynäkologie am Standort Mistelbach weiter aufgewertet. Der Einsatz robotisch-assistierter Verfahren ermöglicht noch mehr Präzision sowie eine Steigerung der minimalinvasiven Techniken. Darüber hinaus sorgen künftig vier Notarzt-Stützpunkte, 17 Notfallsanitäter-Stützpunkte sowie Primärversorgungseinheiten mit niedergelassenen Ärzten in allen Bezirken des Weinviertels dafür, dass die Region weiterhin bestens versorgt wird.
Im neuen Klinikum Weinviertel Süd-West sollen die bisherigen Klinikenstandorte Hollabrunn, Stockerau und Korneuburg in einem für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Patientinnen und Patienten modernen und hochspezialisierten Neubau aufgehen. Aus heutiger Sicht sieht die Empfehlung vor, im neuen Klinikum Weinviertel Süd-West neben den Leistungen aus den drei Bestandshäusern auch vier Abteilungen aus Mistelbach zu bündeln: Die Augenheilkunde, Neurologie, HNO und Urologie werden dort einen neuen Hauptstandort finden – das bedeutet jedoch nicht, dass die Leistungen aus diesen Fachgebieten nicht weiterhin in tagesklinischen Ambulanzen oder Departments am Standort Mistelbach angeboten werden. Die Hauptstation soll im neuen Klinikum aufgehen, ausgelagerte Departments in denen hochspezialisierte Medizinier tagesklinisch agieren wird es weiterhin geben. Im Zuge der Präsentation des Gesundheitsplans wurde allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesgesundheitsagentur eine Jobgarantie ausgesprochen, jeder Arbeitsplatz bleibt innerhalb der Region erhalten.
Wann treten die Änderungen in Kraft?
Für den gesamten Gesundheitsplan gilt: Veränderungen an der bestehenden Struktur werden erst dann getroffen, wenn es Ersatz gibt. Die Schaffung der neuen Abteilungen im Klinikum Weinviertel Süd-West wird also erst stattfinden, wenn das neue Klinikum fertiggestellt ist. Aus heutiger Sicht ist mit einer Fertigstellung frühestens in 15 Jahren zu rechnen.
Mit dem Österreichischen Strukturplan Gesundheit sowie dem Regionalen Strukturplan Gesundheit gibt es darüber hinaus zwei übergeordnete Planungsinstrumente, die den Ländern Rahmenbedingungen vorgeben, welche medizinische Leistungen wo angeboten werden sollen. Dieser Blick über den Tellerrand ist wichtig, um die medizinische Versorgung über Bundesländergrenzen hinweg gemeinsam zu planen. Das bedeutet im Umkehrschluss auch, dass sich die Anforderungen noch ändern können, welche Abteilungen in 15 Jahren in welcher Region angeboten werden sollen. Die Konzentrierung einer Abteilung an einem Standort bedeutet nicht, dass diese Leistungen in Zukunft ambulant, disloziert am jeweils anderen Standort, angeboten werden können – dank des medizinischen und technischen Fortschritts ergeben sich neue und für Patientinnen und Patienten unkompliziertere sowie bessere Möglichkeiten. Der Gesundheitsplan wird an neue Anforderungen der übergeordneten Einheiten sowie den medizinischen und technischen Fortschritt in den nächsten Jahren laufend angepasst werden.